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Datenethik: Was mittelständische Unternehmen beachten sollten

Geschrieben von Arno Rinker | Aug 1, 2025 12:06:17 PM

**Datenethik: Was mittelständische Unternehmen beachten sollten**

Die digitale Transformation stellt mittelständische Unternehmen vor große Chancen – aber auch vor neue ethische und rechtliche Herausforderungen im Umgang mit Daten. Geschäftsmodelle, Prozesse und Produkte werden datengetrieben optimiert und neu gedacht. Doch wer Daten sammelt, analysiert und nutzt, trägt Verantwortung: gegenüber Mitarbeitenden, Kunden, Partnern und der Gesellschaft. Der bewusste und verantwortungsvolle Umgang mit Daten – kurz: Datenethik – wird für mittelständische Unternehmen zu einem strategischen Erfolgsfaktor.

**1. Was versteht man unter Datenethik?**

Datenethik beschreibt die Gesamtheit der moralischen und gesellschaftlichen Leitlinien, nach denen Daten erhoben, verarbeitet, gespeichert und genutzt werden. Ziel ist es, die Rechte und Interessen der von den Daten betroffenen Menschen zu schützen und Vertrauen in digitale Lösungen zu schaffen. Im Mittelpunkt stehen Fragen wie: Welche Daten dürfen erfasst werden? Wie transparent ist die Datenverarbeitung? Wie werden Risiken minimiert und Missbrauch verhindert? Ethik geht dabei oft über die gesetzlichen Anforderungen hinaus und rückt Werte wie Fairness, Transparenz, Sicherheit und Selbstbestimmung in den Fokus.

**2. Gesetzliche Anforderungen: DSGVO und mehr**

Für Unternehmen, die im EU-Raum tätig sind oder personenbezogene Daten von EU-Bürger:innen verarbeiten, ist die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) zentral. Sie legt umfangreiche Vorgaben für den Datenschutz fest und verpflichtet Unternehmen u. a. zu:

- rechtmäßiger und transparenter Datenverarbeitung,

- Datensparsamkeit und Zweckbindung,

- klaren Einwilligungen der Betroffenen,

- Auskunfts- und Löschrechten,

- angemessenen technischen und organisatorischen Schutzmaßnahmen sowie

- Dokumentations- und Nachweispflichten.

Neben der DSGVO spielen weitere nationale Regelungen z. B. zum Beschäftigtendatenschutz, zum Umgang mit Gesundheitsdaten oder branchenspezifische Standards eine Rolle. Ein ethischer Umgang mit Daten sollte aber nicht bei der Erfüllung gesetzlicher Mindestanforderungen enden, sondern diese als Basis und Inspirationsquelle für einen umfassenden Ansatz verstehen.

**3. Spezielle Herausforderungen für den Mittelstand**

Mittelständische Unternehmen stehen häufig vor folgenden Herausforderungen im Bereich Datenethik:

- **Ressourcenknappheit:** Im Gegensatz zu Konzernen sind Fachkräfte für Datenschutz, IT-Sicherheit und Ethik oft begrenzt vorhanden.

- **Komplexität:** Die Vielzahl der Datenquellen und Anwendungsfelder (z. B. KI, IoT, Cloud-Lösungen, Kundenportale) erschwert den Überblick.

- **Kulturwandel:** Datenethik wird schnell als abstraktes Thema wahrgenommen, das bewusst in die Unternehmenskultur integriert werden muss.

- **Unsicherheit bei Innovationen:** Die Entwicklung neuer datenbasierter Produkte (z. B. KI-gestützte Services) erfordert ethische Prüfungen und klare Regeln.

**4. Chancen durch ethische Datennutzung**

Unternehmen, die aktiv auf datenethische Prinzipien setzen, gewinnen:

- **Vertrauen:** Kunden und Geschäftspartner honorieren transparente und faire Datenpraktiken.

- **Wettbewerbsvorteile:** Ethisch gelebter Datenschutz kann zum Alleinstellungsmerkmal werden.

- **Rechtssicherheit:** Wer Verantwortung übernimmt, reduziert das Risiko von Verstößen und Imageschäden.

- **Innovationspotenzial:** Ethische Reflexion fördert kreative Ansätze im Umgang mit Daten und neue Geschäftsideen.

**5. Handlungsempfehlungen für Unternehmen**

1. **Ethikverständnis definieren:** Entwickeln Sie eine unternehmensspezifische Datenethik-Richtlinie, in der Werte und Ziele festgelegt werden.

2. **Verantwortlichkeiten klären:** Bestimmen Sie Datenschutz- und Ethikbeauftragte oder richten Sie ein interdisziplinäres Ethikteam ein.

3. **Sensibilisieren und schulen:** Schulen Sie Mitarbeitende regelmäßig zu Datenschutz, IT-Sicherheit und ethischem Umgang mit Daten.

4. **Transparenz schaffen:** Kommunizieren Sie offen, wie Daten erhoben, verarbeitet und geschützt werden.

5. **Technische und organisatorische Maßnahmen:** Integrieren Sie Datenschutz „by Design und by Default“ in alle Prozesse und Produkte.

6. **Betroffene einbinden:** Geben Sie Kunden und Mitarbeitenden Mitsprachemöglichkeiten (z. B. bei der Datennutzung).

7. **Prüfprozesse etablieren:** Führen Sie regelmäßige Audits und Folgenabschätzungen für neue datengetriebene Vorhaben durch.

**6. Beispiele und Best Practices**

- ***Transparente Kundenkommunikation:*** Ein mittelständisches Maschinenbauunternehmen informiert auf der Unternehmenswebsite klar und verständlich über alle Datenverarbeitungsprozesse und gibt Auskunft darüber, wie und wofür Daten genutzt werden.

- ***Ethikboard einrichten:*** Ein Unternehmen aus der Gesundheitsbranche prüft neue Software-Lösungen mit einem interdisziplinären Board auf ihre ethischen Implikationen, bevor sie eingeführt werden.

- ***Anonymisierung und Datensparsamkeit:*** Ein Anbieter von SaaS-Lösungen erfasst ausschließlich die notwendigsten Daten und anonymisiert personenbezogene Informationen, um unbeabsichtigte Rückschlüsse zu verhindern.

**Fazit**

Datenethik ist längst kein Luxus, sondern Pflicht und Chance zugleich. Mittelständische Unternehmen, die verantwortungsvoll mit Daten umgehen, sichern sich das Vertrauen ihrer Stakeholder, stärken ihre Innovationskraft und positionieren sich nachhaltig erfolgreich im digitalen Wettbewerb. Es gilt, Ethik als integralen Bestandteil aller datenbezogenen Entscheidungen zu verankern – für eine digitale Zukunft mit Werten.